Kammersymphonie op. 110a
Von Schostakowitschs achtem Streichquartett existiert eine Vielzahl an Bearbeitungen. Besonders berühmt wurde die Bearbeitung des Bratschers und Dirigenten Rudolf Barschai, die Schostakowitsch „autorisiert“ und als „Kammersymphonie op. 110a“ in sein eigenes Werkverzeichnis aufgenommen hat.
Barschai, einer der Gründer des Borodin Quartetts und langjähriger Leiter des Moskauer Kammerorchesters, stand seit 1946 in engem künstlerischen und freundschaftlichem Kontakt mit dem Komponisten. Über die Entstehung der Kammersymphonie schreibt er: „Kurz nach der Uraufführung des achten Streichquartetts 1960 beauftragte mich der Musikverlag Peters, es für Streichorchester zu bearbeiten. Da ich Schostakowitschs Ansichten über Bearbeitungen jeder Art kannte (offen gesagt: Er stand ihnen ziemlich skeptisch gegenüber), bemühte ich mich zunächst um seine Zustimmung. Als ich die Partitur beendet hatte, zeigte ich sie ihm. Sie gefiel ihm sehr, und mit dem ihm eigenen Humor und voller Überschwang rief er: ‚Also, das klingt ja besser als das Original. Wir werden dem Stück einen neuen Namen geben: Kammersymphonie op. 110a.’“
Barschai folgte Schostakowitschs Quartettvorlage bis ins Detail. Das volle Streichorchester mit seinen zusätzlichen Kontrabässen verleiht seiner Bearbeitung einen satteren, symphonischen Klangeindruck. Gleichzeitig differenzierte Barschai den Klang des ursprünglichen Streichquartetts: Die Stimmgruppen des Streichorchesters sind mitunter in sich geteilt und ermöglichen so subtilere Klangschattierungen.
Von Anfang an erfreute sich die Kammersymphonie großer Beliebtheit. Sie trug wesentlich zur Bekanntheit des Quartettes bei und ist heute vielleicht sogar häufiger zu hören als dieses selbst. Wesentlichen Anteil daran hatten Barschai und sein Moskauer Kammerorchester, die das Werk auf Tourneen in aller Welt spielten. Als „Dankeschön“ komponierte Schostakowitsch 1969 seine vierzehnte Symphonie für Barschai und seine Musiker.
Barschai, der später noch weitere Quartette Schostakowitschs für Kammerorchester bearbeitete, hat die Kammersymphonie mehrfach für Schallplatte bzw. CD eingespielt, u.a. mit dem Chamber Orchestra of Europe für die Deutsche Grammophon (1989).