Dmitri Schostakowitsch, Alfred Schnittke, Krzysztof Meyer: Dieses Dreigestirn steht zum ersten Mal im Fokus der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch. Neben dem Namensgeber, der 1960 in Gohrisch sein achtes Streichquartett komponierte, werden damit zwei Komponisten gewürdigt, die sich in ihrem Schaffen auf Schostakowitsch beziehen. Schnittke hat mit seiner polystilistischen Schreibweise die Widersprüchlichkeit der spätsowjetischen Ära wie kein Zweiter in Töne gesetzt. Er starb vor 25 Jahren in Hamburg. Meyer ist den Schostakowitsch-Tagen von Anfang an eng verbunden. Der einstige Freund Schostakowitschs und sein späterer Biograf feiert in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag – für die Schostakowitsch-Tage ein willkommener Anlass, ihn mit dem diesjährigen Internationalen Schostakowitsch Preis Gohrisch auszuzeichnen.
Yulianna Avdeeva, das Quatuor Danel und die Sächsische Staatskapelle mit Oscar Jockel
Im Eröffnungskonzert des Festivals am 22. Juni musiziert das Quatuor Danel, eines der weltweit führenden Schostakowitsch-Quartette, dessen Streichquartette Nr. 4 und Nr. 13. Das 13. Quartett wird damit erstmals bei den Schostakowitsch-Tagen zu hören sein. Das Programm wird durch das Klavierquintett von Alfred Schnittke vervollständigt, bei dem das Quatuor Danel erstmals mit der Pianistin Yulianna Avdeeva zusammenarbeiten wird. Die 1. Preisträgerin des Warschauer Chopin-Wettbewerbs 2010 ist zum vierten Mal in Folge bei den Schostakowitsch-Tagen zu Gast. Am 23. Juni gestaltet sie auch einen Klavierabend in der Gohrischer Konzertscheune, bei dem sie neben Werken von Meyer und Mieczysław Weinberg auch die Deutsche Erstaufführung des kurzen Klavierstücks „Murzilka“ von Schostakowitsch sowie die monumentale „Hammerklaviersonate“ von Beethoven aufführen wird. Noch ein drittes Mal ist Avdeeva in diesem Jahr in Gohrisch zu erleben: als Solistin im Aufführungsabend der Sächsischen Staatskapelle Dresden mit Mitgliedern des Gustav Mahler Jugendorchesters, der am 25. Juni als Matinee stattfinden wird. Neben Schnittkes Konzert für Klavier und Streichorchester stehen dabei auch Meyers „Metamorphosen“ für Kammerorchester und die Kammersymphonie op. 83a von Schostakowitsch auf dem Programm – letztere ist eine Orchesterbearbeitung des vierten Streichquartetts von Rudolf Barschai, die erstmals bei den Schostakowitsch-Tagen erklingen wird. Dirigent des Aufführungsabends ist der junge Oscar Jockel, der unlängst bei den Osterfestspielen Salzburg mit dem Herbert-von-Karajan-Preis ausgezeichnet wurde und am Beginn einer vielversprechenden Karriere steht.
Zwei Duo-Rezitals: Isang Enders/Boris Giltburg, Vadim Gluzman/Angela Yoffe
Am 24. Juni stehen gleich zwei Duo-Rezitals auf dem Programm: Am Nachmittag musizieren Isang Enders, als ehemaliger Konzertmeister Violoncello der Sächsischen Staatskapelle Dresden einst Mitinitiator der Schostakowitsch-Tage, und der Pianist Boris Giltburg die erste Cellosonate von Alfred Schnittke. Giltburg stellt in diesem Konzert auch seine eigene Klavierbearbeitung des dritten Streichquartetts von Schostakowitsch vor. Anlässlich der Verleihung des Schostakowitsch-Preises an Krzysztof Meyer erklingt dessen zweite Sonate für Violoncello solo aus dem Jahr 2007. Abends musizieren der Geiger Vadim Gluzman und die Pianistin Angela Yoffe u. a. die „Suite im alten Stil“ und das „Präludium in memoriam Dmitri Schostakowitsch“ von Schnittke sowie eine Bearbeitung von Schostakowitschs Suite für Jazzorchester Nr. 1, die Michael Gluzman, der Vater des Geigers, für Violine und Klavier eingerichtet hat. Zum Abschluss erklingt der große Zyklus der 24 Präludien für Violine und Klavier op. 46 von Lera Auerbach, die als „Capell-Compositrice“ der Sächsischen Staatskapelle 2011 auch selbst bei den Schostakowitsch-Tagen gastierte.
Hoffnung auf eine friedvollere Zukunft
Bereits im vergangenen Jahr haben die Schostakowitsch-Tage – in Anbetracht des schrecklichen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine – den ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov gewürdigt, der dem gesamten Festival als Ehrengast beiwohnte. Zum Abschluss der diesjährigen Schostakowitsch-Tage musiziert das ukrainische Mriya Quartett Werke weiterer Komponisten aus seiner bedrohten Heimat. Das ukrainische Wort „Mriya“ bedeutet „Traum“ und steht in diesem Kontext für ein Musizieren jenseits des Krieges und des damit verbundenen Elends. Als letztes Werk des Konzertes erklingt das Klavierquintett von Robert Schumann mit der Pianistin Kateryna Titova – dieses ebenso dramatische wie euphorisch endende Werk kann als ein hoffnungsvolles Signal für eine friedvollere Zukunft verstanden werden.
Filmvorführung und Ausstellung
Ergänzt wird das Festivalprogramm durch eine Vorführung des sowjetischen Dokumentarfilms „Dmitri Schostakowitsch – Altowaja sonata“ aus dem Jahr 1981. Die Regisseure Semjon Aranowitsch und Alexander Sokurow blicken darin anhand der Bratschensonate, des letzten Werkes von Schostakowitsch, auf dessen bewegte Biografie zurück. Im Foyer der Gohrischer Konzertscheune ist darüber hinaus an allen vier Festivaltagen die Ausstellung „DSCH – Digitale Collagen“ mit Grafiken und Schostakowitsch-Porträts des Dresdner Künstlers Anders Winter zu besichtigen.
„Jedes Jahr von neuem folgen Weltklassekünstler unserem Ruf in die Gohrischer Konzertscheune, lassen sich auf Programme ein, die sie exklusiv für unser Festival einstudieren – und verzichten dafür auf jegliche Gage. Das grenzt immer wieder an ein Wunder! Dieser Idealismus, diese Begeisterung für die Sache ist letztlich dem Künstler und Menschen Dmitri Schostakowitsch zu verdanken, dem sich alle Musikerinnen und Musiker, die zu uns kommen, eng verbunden fühlen. Das spüren wir als Festivalmacher, und das schafft in Gohrisch eine Atmosphäre, die man nur als einzigartig bezeichnen kann.“ Tobias Niederschlag, Künstlerischer Leiter der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch
Sonderkonzert der Staatskapelle Dresden
Wie in den vergangenen Jahren läutet die Sächsische Staatskapelle Dresden die Internationalen Schostakowitsch Tage mit einem Sonderkonzert am Vorabend des Festivals ein (21. Juni). Im Dresdner Kulturpalast spielt das Orchester, das die Schostakowitsch-Tage von Anfang an unterstützt und mitgestaltet hat, unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada die fünfte Symphonie von Schostakowitsch. Außerdem steht das Trompetenkonzert des engen Schostakowitsch-Freundes Mieczysław Weinberg auf dem Programm, Solist ist der Ausnahmetrompeter Håkan Hardenberger.
Kartenvorverkauf
Der Einzelkartenverkauf für die Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch beginnt am 19. April 2023. Tickets könntne auf www.schostakowitsch-tage.de gebucht werden. Karten für das Sonderkonzert der Staatskapelle Dresden am 21. Juni 2023 sind unter www.staatskapelle-dresden.de erhältlich.