Zum Hauptinhalt springen

Gästehaus des Ministerrates der DDR

Seit den 1950er Jahren ist der Name Gohrisch eng mit einem Gebäudekomplex verbunden, in dem auch Dmitri Schostakowitsch wohnte und 1960 sein achtes Streichquartett komponierte: dem Gästehaus des Ministerrates der DDR. Neben dem Besuch namhafter Künstler und Wissenschaftler wurde in dem sozialistischen Gästehaus (heute: „Parkhotel Albrechtshof“) auch politische Geschichte geschrieben.

Ursprünglich war es ein altes Villengelände in idyllischer Lage am Ortsrand, dessen Gebäude durch einen Brand zerstört worden waren und das 1953 – nach unrechtmäßiger Enteignung der damaligen Besitzer – in die Verwaltung des Bezirkes Dresden überging. Um das attraktive Bauland adäquat zu nutzen, beschloss man zunächst, ein Ferienheim für die politisch korrekte Intelligenz der frisch gegründeten DDR zu errichten, das 1958 als „Haus der Intelligenz“ in Betrieb genommen wurde.

Die schöne Lage im Zentrum der Sächsischen Schweiz, die Abgeschiedenheit und dennoch Nähe zum bekannten Kurort Gohrisch ließen das Objekt in den folgenden Jahren immer beliebter werden und erregten die Aufmerksamkeit der DDR-Regierung, die es fortan für sich allein beanspruchte. Unter der Ägide des Ministerrates der DDR wurde die Anlage erweitert und modernisiert, um den Ansprüchen zukünftiger DDR-Staatsgäste gerecht zu werden, denen es nun zur Verfügung stehen sollte.

Neben DDR-Politprominenz um den damaligen Staatschef Walter Ulbricht besuchten Politiker befreundeter Staaten wie der Premierminister Grenadas, Maurice Bishop, oder das nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Il Sung als Staatsgäste das Gästehaus. Wichtige innen- und außenpolitische Konferenzen wurden nach Gohrisch verlegt, so 1968 eine Ratstagung aller Mitgliedsstaaten des Warschauer Vertrages (Warschauer Paktes), in der vermutlich der Einmarsch militärischer Truppen in die ČSSR zur gewaltsamen Niederschlagung der tschechischen Reformbewegung „Prager Frühling“ beschlossen wurde.

Vor allem aber waren es namhafte Künstler und Wissenschaftler aus dem sozialistischen In- und Ausland, die hier Erholung fanden. Neben Dmitri Schostakowitsch, der sich zweimal hier aufhielt, weilten auch der Geiger David Oistrach, der sowjetische Avantgarde-Schriftsteller Konstantin Fedin oder der Literatur-Nobelpreisträger Michail Scholochow im Gohrischer Gästehaus. Ab den 1970er Jahren ebbte das Interesse für das einst so attraktive Vorzeigeobjekt sozialistischer Innen- und Außenarchitektur ab. Die neue Führungsriege um den 1976 ernannten neuen Staatschef der DDR, Erich Honecker, zog es nicht mehr hierher. Das Objekt verlor in den folgenden Jahren seinen einstigen Glanz – nicht aber seine Aura als ein Ort bewegter DDR-Staatsgeschichte.

So wundert es nicht, dass im politischen Wendeherbst von 1989 ein Gohrischer Bürgerkomitee das symbolträchtige Objekt besetzte, um dort für politische Reformen und Presse- und Meinungsfreiheit zu demonstrieren. Nach der friedlichen Revolution und dem Ende der DDR wurde Sachsen 1990 wieder Freistaat. Die erste Klausurtagung zur Ausarbeitung einer neuen Landesverfassung fand im selben Jahr in den Räumen des ehemaligen Gästehauses in Gohrisch statt und ging als „Gohrischer Verfassungsentwurf“ in die heute gültige Verfassung des Freistaates Sachsen ein.

Seit 1990 wird das Objekt von wechselnden Betreibern unter verschiedenen Namen als Hotel geführt und firmiert derzeit als „Parkhotel Albrechtshof“ einer Berliner Betreibergesellschaft.

Als Zeugnis einer inzwischen vergangenen gesellschaftspolitischen Ära wartet die Geschichte des heute unter Denkmalschutz stehenden Gästehauses noch immer auf eine adäquate historische Aufarbeitung.